Worin liegt der Unterschied?

 

Natürlich ist uns bewusst, dass nicht wenige Mitmenschen mit einer gewissen Zurückhaltung den freien Gemeinden gegenüberstehen. Oft wird uns die Frage gestellt: „Wenn ihr allein die Bibel als Maßstab für Lehre und Leben habt – also keinen Sonderoffenbarungen und -lehren folgt – und wenn eure Gemeinde auch nur eine christliche Gemeinde ist, wo liegt dann der Unterschied zu den etablierten Großkirchen?“

Dies ist selbstverständlich eine berechtigte Frage. Und natürlich gibt es Unterschiede zu den etablierten Kirchen.

 

Wie wird man Christ?

 

Der wichtigste besteht wahrscheinlich in der Frage, wie man tatsächlich Christ wird, wie man – wie die Bibel es ausdrückt – zum Kind Gottes wird und mit Gott versöhnt wird. Der Weg in die Evangelische Kirche oder auch in die Katholische Kirche in Deutschland führt meistens über die Säuglingstaufe. Dies geschieht offensichtlich ohne den Willen dieser Babys, eine bewusste Entscheidung fehlt. Natürlich wusste auch ein Reformator wie Luther, dass das Wasser allein nicht retten kann. Und so gibt es die Konfirmation in der Evangelischen Kirche, und die Firmung in der Katholischen Kirche. Oft wird gesagt, dass damit dann ein Bewusstmachen der christlichen Lehren und des Glaubens in den jungen Menschen geschieht, was sie als Säugling natürlich noch nicht konnten.

Doch geschieht dies wirklich? Die allermeisten Kinder oder Heranwachsenden treffen auch zur Zeit der Firmung oder der Konfirmation keine bewusste Glaubensentscheidung. Tatsache ist doch vielmehr, dass die wenigsten bereit wären, gegen Eltern und Verwandte und auch gegen die Tradition „Nein“ zu sagen. Warum sollten sie auch? Sind doch diese Feste gleichzeitig mit viel Geschenken und Aufmerksamkeit ausgestattet.

Doch die Bibel, das Wort Gottes, lässt keinen Zweifel daran, dass es eine bewusste Glaubensentscheidung geben muss:

 

All denen jedoch, die ihn aufnahmen und an seinen Namen glaubten, gab er das Recht, Gottes Kinder zu werden.

 
An über 150 Stellen bezeugt allein das Neue Testament, dass Rettung nur als Antwort von Umkehr und einem persönlichen Glauben geschieht. Es gibt keinen Automatismus, oder – wie es jemand mal treffend formuliert hat – Gott hat nur Kinder, keine Enkelkinder.

Hierin kann man wohl den größten Unterschied zwischen den freien christlichen Gemeinden und den bestehenden Großkirchen erkennen. In unserer Gemeinde werden nach neutestamentlicher Praxis keine Säuglinge getauft, sondern nur Menschen, die eine bewusste Entscheidung für Jesus Christus getroffen haben, die erkannt haben, dass sie als Geschöpfe Gottes durch Selbstsucht und Sünde von ihrem Schöpfer getrennt sind und Versöhnung benötigen. Und diese Versöhnung hat der Sohn Gottes durch seinen stellvertretenden Tod für jeden Glaubenden am Kreuz von Golgatha vor nahezu 2000 Jahren erwirkt.

 

Ist die Bibel Gottes Wort?

 

Ein weiterer schwerwiegender Unterschied liegt wohl in dem Verständnis vom Wort Gottes. Wir sind überzeugt, dass die ursprünglichen Texte der 66 Bücher der Bibel, also das Alte und Neue Testament, tatsächlich von Gott verbal inspiriert und damit fehlerlos sind (2. Petrus 1,20-21; 2. Timotheus 3,16). Die Bibel ist daher kein Menschenwort, sondern Gottes Wort und sein „Brief“ an uns Menschen. Darin erkennen wir zuverlässig, wie Gott ist, was er getan hat und was er von uns als Menschen erwartet. 

Wir werden dann nicht selten kritisch hinterfragt, ob wir die Bibel deshalb „wörtlich“ nehmen würden. Nun, wir glauben, dass Gott über die Schreiber des Alten und Neuen Testamentes gewacht hat und sie daher – bei aller Individualität in Wortschatz und Ausdrucksform – dennoch genau das geschrieben haben, was Gott uns mitteilen wollte. In diesem Sinne sind wir überzeugt, dass zumindest die autographischen Texte, also die ursprünglichen Manuskripte der Schreiber, hundertprozentig Gottes Wort enthalten. Zu sagen, wir würden deshalb die Bibel wörtlich nehmen, ist dennoch etwas verkürzt bzw. irreführend. Die Bibel wurde über eine Zeitspanne von über 1000 Jahren geschrieben, sie wurde in drei verschiedenen Sprachen von über 40 verschiedenen Verfassern niedergeschrieben; sie enthält verschiedene Genres wie Prosa und Poesie, Erzählungen und Prophetie, Gedichte und Lieder. Daher ist es offensichtlich, dass jeder Text interpretiert, d. h. in seinem Kontext ausgelegt werden muss. Zu behaupten, wir nehmen die Bibel „wörtlich und sind sklavisch an den Buchstaben gebunden“ ist daher natürlich verkürzt. Ja, der Text der Bibel muss in der Tat interpretiert werden, doch das Ziel dieser Interpretation ist es, die Absicht des Schreibers und damit die Absicht Gottes zu erkennen und zu beachten.

Die Großkirchen hingegen sind längst nicht mehr davon überzeugt, dass alle 66 Bücher des Alten und Neuen Testamentes tatsächlich von Gott verbal inspiriert wurden und damit in ihren ursprünglichen Manuskripten fehlerlos sind. Alle Lehrstühle und Ausbildungsstätten, an denen die haupt- und nebenberuflichen Mitarbeiter der Großkirchen ausgebildet werden, folgen der sogenannten »Historisch-Kritischen Methode« der Schriftauslegung. Die allermeisten der dort arbeitenden Dozenten sind überzeugt, dass die Bibel sowohl Gottes als auch Menschenwort enthält und ein wesentlicher Teil des Prozesses der Schriftauslegung damit zu tun hat, das eine von dem anderen zu unterscheiden. Deutschland kommt dabei gewissermaßen eine Sonderrolle zu, da unser Land das „Heimatland“ dieser sogenannten Bibelkritik ist. In den meisten anderen Ländern der Erde gibt es nach wie vor auch Universitäten bzw. theologische Seminare und Bibelschulen, an denen an der Verbalinspiration der Schrift festgehalten wird. Die Dozenten und Ausleger dort folgen daher der sogenannten »Grammatisch-Historischen Auslegungsmethode«. Nicht wir beurteilen das Wort, das Wort beurteilt uns. 

 

Wir sind keinesfalls dabei der Überzeugung, dass wir die einzig richtige Interpretation der Schrift besitzen. Menschen sind fehlbar und daher gibt es natürlich auch unter den freien Gemeinde zahlreiche Unterschiede in Lehre und Leben. Doch wir sind davon überzeugt, dass die Bibel tatsächlich in allen Teilen Wort Gottes ist und der Herr auf diese Weise sich offenbaren und zu uns Menschen reden möchte. 

 

Denn alles, was in der Schrift steht, ist von Gottes Geist eingegeben, und dementsprechend groß ist auch der Nutzen der Schrift: Sie unterrichtet in der Wahrheit, deckt Schuld auf, bringt auf den richtigen Weg und erzieht zu einem Leben nach Gottes Willen.

Die Bibel, 2. Timotheus 3,16-17